Die gute Familie und der böse Kapitalismus

Dokument open. Erstes Fenster. Ein Menschenleben, wie es sich enfaltet und prächtig gedeiht, angefächert zu höchster Leistung durch den philosophischen Zuspruch, mit den eine Wirtschaftsseite auf sich aufmerksam machen kann.

Der Wettbewerb um den ersten Platz in der Aufmerksamkeit der andern mag diesseits oder vororts, also auf unserer Seite, wo um diese immer erst gerungen werden muss, zwar oft stimmungsbeinträchtigende Folgen für die unmittelbar Betroffenen haben, insgesamt aber ist - und da heißt es aufzupassen, welchem Begriff davon man aufsitzt -, Wettbewerb gut und gesund.

Die Vorstellung vereint diesseits das gemeine Publikum, ein Maximum an Einfluss auf diesen Wettbewerb zu nehmen mit Hilfe des Aufmerksamkeitsbooster Geld.

Alle Einrichtungen erscheinen wie dazu ausgelegt, dieses Ziel erreichen, oder, sich diesem Ziel zumindest annähern zu können, was für die Stimmung gleich süß ist.

Der Umstand, was sei, wenn es gehabt wird, wird insofern übergangen, als dass die Summe dieses Seins erst wieder im Topic der Wirtschaftsnachrichten auftaucht, wenn sie zum Zustand ihrer ordinären, aber bodenständigen Langweiligkeit zurück gefunden hat. Als Zahl, um ihr weitere anzuhängen.

In den Klatschspalten erhalten wir Auskunft über den Zustand des Seins im viel und gar kein Geldhaben. Und natürlich dann, wenn man selbst hat oder nicht hat.

Die stimmungsbereinigende Trophäe Tugend winkt in der Rangelei ums Geld oberhalb der Grenze, unterhalb derer kein Umsatz mehr gemacht werden kann.

Größte Tugend größter Umsatz. Größter Umsatz höchster Umsatz. Höchster Umsatz ganz oben plus Perspektiven.

Der Ganz-oben-sein-Tugend erste Information: Ich bin oben.

Das heißt, in der Aufmerksamkeit der Nächsten stehe ich im Mittelpunkt. Und weshalb dies.

Das Rangordnungsprozedere des unverdorbenen Zusammenhanges erwartet von dieser Position eine Information, über die hier soviel gesagt werden kann, als dass sie es Wert sein sollte, diese Menge an Aufmerksamkeit zu erhalten.

Ich stehe oben, weil unterhalb von mir alle weniger Geld haben. Was für eine Information. Wie unkompliziert.

Schließlich ganz weit oben. So weit oben, dass sich alle Vorstellungsbilder auflösen, weil ganzganz oben, das kann sich niemand mehr so richtig vorstellen.

Das hier das Ziel. Und nun. Glück wo bist du zu finden andernorts als unter dem Absatz, der auf die Konkurrenz drückt oder im Neid auslesbar, der gekauft worden ist als Substitut für gar nichts zwischen den Zähnen zu haben. Ganz oben sein geht ja nicht.

Wo sich nun Risse und Spalten in der Vorstellung auftun, die zur Skepsis, Kritik und Misstrauen raten, übernimmt eine bilderleere Angst das Gemüt, die sich gewöhnlich einstellt auf die Aussicht hin, eine einmal erreicht habende Höhe des Auflösungsniveaus wieder verlassen zu müssen.

Aus der Mitte der Erkenntnis möglichen Schreckens treten nun wie aus Wolken, oder aus Nebel oder hinter einem Vorhang hervor mehr als kommode Anschlussvorstellungen, Traumbilder, die einen gemeinsame Urheberschaft haben. Es geht darum, den Abstieg zu vermeiden.

Das süße Leben. Wie auf Wolken gleitet es als besänftigender Einfluss über die die sich recken, es ihren Träumen gleichzutun.

Dem Fehler der ersten Vorstellung, deren Endlichkeit sich aus der Blödheit einer Geraden ohne Ende ergibt, wird nun ein zweiter hinzugesetzt, der den Fehler seines Vorgängers nicht nur einfach nur aufnimmt, sondern ihn vergrößert und vergröbert dahin aufzulösen versucht, wo die sich in dieser Illusion Auflösende oder der sich in dieser Illusion Auflösende den Dank für das Obensein erwartet, das heißt für das Ausbreiten der Information: ich bin oben.

Ich mache einen Fehler und erwarte nichts Geringeres dafür, als dass mir der Fehler wie wenn es keiner wäre gut geschrieben wird.

Gesucht und gefunden - das heißt, bis zu jenem Augenblick "gefunden" wo der Witz offenbart werden muss - wird der Weg, über diesen werkseitig ausgelegten Bruch der Vorstellungswelten gerade hindurch zu marschieren um dem Ziel höhere Auflösung dennoch nahe zu bleiben.

Das süße Leben tritt auf mit einer real fixierten Auflösungsposition, nicht frei von Verarchtung für die gleichförmige Vorwärtsbewegung und ihre Anhänger.

Volle Kasse gleich Vollsein von allem gleichsoviel wie Erfülltsein insgesamt. Dies die Erwartung. Der Flug der Gedanken sticht die reale Fortbewegungsweise aus. Erfüllung, wo bist du, ich pack dich am Kragen und es zeigt sich, das Ding legt sich ganz von alleine in die Hände.

Wenn die Aufmerksamkeit aus der Hoheit der Leere im Blickfeld erwacht, hält sie gerne an Dingens fest, die der Würde der eben gehabten Vorstellung oder der kommunen Auflösungsform des patriarchalischen Stimmungsschadens am nähesten kommen.

Der schöne Schaum auf dem Bier.

Wie war die Reise. Sicher nicht unangenehm. Viel angenehmer als den andern Weg gewählt zu haben, der eine Faszination für Selbstmörder ausübt.

Passt alles zusammen. Die Bilder, Kinder die Bilder, die müsst ihr euch mal ansehn. Sieg. Hurra.

Anstelle den nihilistischen Geraden ins Unendliche hinterher zu laufen um heraus zu finden, was es damit auf sich habe, kommt wie bestellt das andere Thema zum Vorschein, was bedeutet, das andere, anstrengende aus der Aufmerksamkeit verabschieden zu müssen: Mann, Frau, Sex, Familie und Kinder und das Vergnügen, das eine Variation von fünf Elementen zugibt.

Unbedacht, wie die eherne mit der falschen Vorstellung konfiguriert und daherseits nichts als ein Resultat ausliefern wird können, das den Realvollzug in beiden Welten etwa gleichermaßen ernüchternd ausgestaltet.

Darauf wollte ich hinaus. Welche Arbeit diese beiden wie aneinandergeschweißten Vorstellungen zur Bewältigung des patriarchalischen Stimmungsschadens oder, was nur der reziproke Anbiss ist, zur Nichtbewältigung des patriarchalen Schicksales im Flächenmaßstab erbringen.

Die Batterien, mit denen heute in die Menge geschossen wird, pulverisieren ähnlich wie Schneekanonen. Anstelle von Flocken hiernun Illusionen. Wenn es von diesen Flocken nur so vom Himmel schneit, dann ist schlecht zu sagen, es gäbe keinen Schnee.

Die beiden Vorstellung sind so eng miteinander verzahnt, das Vorwärtskommen auf der Gerade und das Verlangen hieraus, den Punkt auf dieser Geraden zu haben als unverbrüchliche Garantie auf die damit zusammenhängende Aufmerksamkeit, - die beiden Vorstellungen hängen aneinander, so dass eine Veränderung der einen allein unmöglich erscheint, weil das die andere nicht mitmacht.

Den bösen Kapitalismus wegen der bösen unartgerecht erscheinenden Raffgier zu einem Werk des Antichristen hochstilisieren, Omas Häuschen aber mit dem Anschein des Gerechten in die eigene Tasche stecken und mit dem dafür erhältlichen Hochmut Aufmerksamkeit eintreiben - geht es nach der eben ausgelegten Theorie, kann das nur in garantiert schlechter Stimmung enden.

Die Familie und das aufregende Darumherum von Mann und Frau schönreden, daneben auf das Schlechte am Kapitalismus schimpfen, der solche Ausfälle vermutlich nicht weiter tragisch nimmt, - eine solche Haltung erscheint in der Praxis problemlos durchzugehen, ohne dass man abwegig erscheint.

Der beste Schutz für die Reichen sind die Träume derjenigen, die es nicht sind.

In dieser Haltung jedoch sind alle Projekte, die auf eine nichtkapitalistische, unböse Wirtschaftsweise zielen unrealisierbar. Selbst ein in friedlicher Weise ausgeübter Wettbewerb hat gegen dieses Paar keine Chancen.

Den Kapitalisten das Handwerk legen. Klingt gut. Was aber, wenn zu diesen Kapitalisten notwendigerweise dieser familiäe Unterbau gehört, die den einzelnen erst instand setzen, indem sie ihm eine Grundlage (oder einen Graben) zur Verfügung hält, dem Kollektiv Aufmerksamkeit abzuzweigen zur Etablierung einer Klasse mit aufgehuberten Ansprüchen auf dem Weg nach oben.

Wir wollen diese Familie, dann ist die Konsequenz, nichts an dem sie bedingenden weil durch sie hervor gerufenem und ausgestaltet habenden "Kapitalismus" verändern zu können außer, wenn es sich machen lässt, gelegentlich die Fürsorge für die Armen upzudaten. Gloria Domini, Filio et Spiritui Sancto. Amen.

Das für so ungerecht empfundene System der rein finanziellen Interessen reintilisiert sich über die justiziable Form des Händchensineinanderhaltens allein schon durch das sich Anhängen, der Zustimmung vor Orts zu den Sitten und Gebräuchen an dieser Auflösungsillusion.

Was bedeutet dieser Zusammenhang der politischen Praxis. Erstens nicht Prokapitalismus tuten sondern Profamilie blasen.

Willst du, dass der Staat dir deine Familie wegnimmt sagen anstelle damit zu drohen, willst du, dass der Staat den Kapitalismus abschafft.

Ob der Mann lügt oder der Bäcker. Das eine wie das andere versetzt Weichen. Beide müssen geschaltet sein, damit die Vorstellung Überwindung dieses Betriebes gelingt, den ich als Patriarchat bezeichne.

Auf den Weg nach oben wie auf des Glückes irdische Erfüllung im Rahmen einer Familie als Ziel der Vorwärtsbewegung verzichten. - Da hängt die Keule aber ganz schön schlaff in einer Population, die nichts anderes kennt (und schon lange nicht mehr gesehen und gehört hat davon) als mit Hilfe solcher Objekte und Dienstleistungsstrukturen aufzulösen.