Ich oder der Witz der Beute

 

 

Beute ist kein schönes Wort.

Ich und meine Beute ein nahezu blödsinniger Satz, der zudem an einer eingefleischten Empfindlichkeit rührt, dass man sich selbst nicht auspreisen sollte.

Aber wie ist es damit: Haste was, bist de was.

Nichts haben, Nichts sein. Das daraus erschließbare moralische Minima ist in philosophischen Sinne korrekt.

Nichts haben. Das ist eine gute Message, wenn man den Arzt verlässt.

Nichts sein, der Zustand erscheint offen dafür, alles werden.

Etwas Am-laufen-haben, das ist auch nicht schlecht.

Etwas am laufen haben, das gut aufgelöst werden kann, versteht sich, denn eine dumme Geschichte am laufen haben, das zieht bereits auf die andere Seite, wo das Haben den Bezug zu jenem Haben um damit was zu sein oder darzustellen aufnimmt.

Etwa haben, das sich nicht auflösen soll, weil eine Person sich hinter diese Habe klemmt in dem Sinne, damit Aufmerksamkeit einzukassieren, gleichgültig für den Witz, der dahinter steht.

Das oft als tragisch empfundene, nicht vermeidbare Seitenspiel, wenn die Beute, auf der der Aufmerksamkeitsanspruch beruht, geringer wird in der Menge, so dass dann auch das Ansehen der Person ebenso Schaden nimmt.

 

Der Witz an der Beute macht sich bemerkbar durch einen falschen Ton.

Da der Schall schneller ist als die Wortbildung, lacht man gewöhnlich, noch bevor ein möglicher Satz dazu an einen Punkt gelangt.

Rangordnung wird durch Stimmung vermittelt und nur den Intelligenten erschließt sich ihr zynisches Wesen, wenn ein Haufen vom guten Ton abhanden kommt.

Lachen ist adäquate Reaktion immer dann, wenn es um Witze geht. Klar. Aber auch das Weinen gehört in diesen Auflösungsbereich, wenn die Witze daneben gehen um genau dies anzudeuten.

Ein Drittes ist gut möglich, aber es muss dazwischen liegen.

Dem Witz an der Beute auf der Spur seines falschen Tons.

Wie vorstellen. Mal angenommen, wir seien in einem Konzert, beim Empfang einer hochrangigen Person oder auch nur an einem Küchentisch indem es hoch hergeht.

Experiment goes on. Der falsche Ton wird eingespielt.

Ein Schock geht durch die Runde, Adrenalin für Kreativität wird ausgespült.

Das nun einsetzende Bemühen um Stimmungsreparatur würde in allen Fällen dasselbe sein. In the box thinking. Sofort wieder zurück zu dem, was zuvor als Harmonie empfunden war und den falschen Ton ausmerzen.

Das ist nicht immer einfach.

Mal glückt's, per Eingabe und Talent, den falschen Ton wieder einzufangen mit jenem Witz, der der sich ganz auf das Nichts abstützt oder mit out of the box thinking.

Die falschen Töne, die nicht sogleich wieder aufgefangen werden können, machen sich breit im Unendlichen. Ich habe gehört dass. Psst. Aber nicht weitersagen.

Ein falscher Ton scheint sich zu verbreiten, wie wär's eine ausgeschriebene Lotterie. Bitte, werfen Sie ihre Lösung ein, wie die mit ihm sich verbreitende, schlechte Stimmung wieder aufzuheben wäre.

Dem Druck der Stimmung, falsche Töne wieder aufzuheben, können wir uns nicht entziehen.

Auf die Länge.

Zur Zeit aber sieht es so aus, als ob die mit dem Haben als Anstauen gegen den Logos der Auflösung gesetzten falschen Töne die Harmonie inzwischen restlos bestimmen, während die Konzerte, wo die falschen Töne zum vorne herein ausgeschlossen sind, so gut wie Naturschutzreservate für den guten Ton der Stimmung sind, die nichts haben möchte außer guter Musik.

Mit dem falschen Ton des Habens wird Aufmerksamkeit eingefordert, also Stimmung schlecht gemacht im Bereich Unendlich, um dann, haha, in einem akustischen Käfig sich an der Illusion zu weiden, wie das Leben sein könnte, wenn es andersrum wäre.

Wenn die falschen Töne im Käfig aufgeführt würden.

 

Ich habe es nicht nötig ist nicht dasselbe wie: ich habe Nichts nötig. "Es" kommt aus dem Nichts.

Also: Ich habe Nichts nicht nötig.

Ein weiterer Aspekt des Ich-Deliriums. Ich habe es nicht nötig, mich dem Risiko des Nichts auszusetzen, das bekanntlich unablässig neue Verhältnisse schafft, weil ich schon alles habe, was man zum Leben braucht.

Wenn ich Aufmerksamkeit brauche, dann bezahle ich dafür, basta, falls der Schein meiner Habe nicht bereits ausreichen sollte, auch ohne etwas davon anzurühren an dasselbe zu gelangen.

Nöte zu beheben, indem Nöte erzeugt werden, darauf läuft die Geschichte hinaus, und zwar in einem ungünstigen Verhältnis für die Gesamtmenge der Not, der nichts übrig bleibt, als in diesem Verfahren so gut wie möglich nicht über die Stränge zuzuspecken.

Ein Ich behebt seine Not, die wegen des verlorenen Paradies entsteht, indem allein das Wir etwas haben konnte, das keinen der Beteiligten zu Verstimmungen Anlass bot.

Ich und mein Paradies gegen das Nichtparadies der andern, so sieht die Not ins Paradiesische gewendet aus.

Die Rangordnung des Habens steht da, wenn man etwas von der Rückseite aus schaut, als Rangordnung der Not, nicht mehr zu können, wozu wir per Anlagen eigentlich ausgestattet wären.

  

Auf der physiologischen Ebene: Ich bin, was ich gegessen habe, unter der Annahme dass das, was gegessen wurde sich um Beute handelt im Rahmen dessen wie ein Karnickel im Kochtopf landet, erscheint an der Aussage, ich bin meine Beute, nichts außergewöhnlich Aufregendes.

Man ist, was man isst. Was man isst, muss verdaut werden. Was nicht gänzlich verdaut wird oder nicht soll und kann, wird benutzt zum körperlichen Aufbau.

Aus Verdauungsfehlern, aus nicht gelungener, gänzlich rückstandsfreier Auflösung entsteht eine Erscheinung, die nicht nur aufgelöst werden kann sondern, oh Wunder, selbst tätig mit Auflösen herum zu hantieren beginnt.

Die subjektive Vergegenständlichung einer Auflösungskalamität macht von sich reden. Kosmos höre, sagt mein Schwert. Der Augenschein macht es unmöglich, über diese Tatsache hinweg zu sehen.

Ich bin meine Beute. Das andere ist selbstverständlich. Noch. Selbstverständlich nichts oder alles oder das eine.

Das Ich hebt ab vom Wir. Der Vorgang ist sehr gut dokumentiert als Verlauf einer Krankheit, die alle ansteckt.

Das habende Ich und seine problematisch gewordene Vernetzung in jenem Wir, das es im Augenschein zu nichts mehr bringen kann. Zuletzt noch versinnbildlich als Uniform.

Die Position des Habens muss gegen die Tendenz der Auflösung bestritten werden und somit gegen die Stimmung, die nur zustimmende Signale bei gelungener Auflösung sendet.

Ich bin weil du nicht bist, darauf läuft der Erfolg dieser Krankheit hinaus, wenn eine Gesellschaft aus der Phase hinaus gerät, die sich noch begnügt hatte darin, mit der Anzahl der gejagten Karnickel sich die Würde abspenstig zu machen.

Das Haben als Aufmerksamkeitsansprüche gegen die andern, das lässt sich immer bestreiten, das zeigt die Geschichte, die mit diesem Seinhaben verläuft überdeutlich, aus der das Ich als Sieger hervor gegangen ist.

Eine anmaßende Störfrequenz im Universum die beansprucht, ein Sein im Haben implementieren zu können und nicht bemerkt, dass dieses Ich längst nichts mehr in sich hinein stopfen kann.

Da ein Ich nicht richtig abzuführen weiß kann geschlossen werden, dass die Ich-Identität aus allen Fugen ist oder bereits geplatzt könnte man auch sagen, eine Welt übrig lassend, der es nur noch um Beute geht.

Man ist, was man isst, dieser Zusammenhang glänzt hier nun in einer neuen Variante, zusammen gesetzt gewissermaßen mit geistig nicht vollständig recyceltem Material.

Ich bin, weil ich Anspruch auf Aufmerksamkeit habe.

Das erscheint selbstverständlich, aber nicht in einer Welt, in der diese Selbstverständlichkeit so selbstverständlich genommen wird, das sie nicht zählt.

Vielen Dank für die Güte, aber es verbietet sich, dies in Rechnung zu stellen, weil es die Stimmung des Selbstverständlichen beschwert.

Das Ansehen des Geldes gründet darauf, die Beute an Aufmerksamkeit eines Nächsten als gültige Währung darstellen zu können, so dass die Sache interessiert.

Alles was aus nicht rückstandsfreier Auflösung an Geld in meiner Tasche hängen bleibt, kann dazu dienen, mich bei andern interessant zu machen, die, wenn sie darauf einsteigen, sich handkerum gezwungen sehen, nach demselben Muster aufzulösen, wegen mir, der die Aufmerksamkeit gegen die gute Stimmung manipuliert.

Mit Charakter hat das nichts zu tun. Für den besten Charakter wird jener gehalten, indem kein Ich erscheint.

Es geht um ein Profil, um eine Identität, wie sie jeder Daumenabdruck zustande bringt. Um mehr nicht.

Ohne Beute kein Ich und keine Identität. Auch: Der hat doch kein Geld, ist Identität.

Erst das Subjekt, das breitbeinig auf seiner Beute sitzt fällt in Betracht, nicht allein etwas zu sein, sondern auch menschenähnliche Züge zu tragen, umso mehr, wie ein Bedarf besteht, das Interesse an ihrer Beute soweit wie möglich in den Hintergrund rücken zu lassen.

Geld macht schön. Verwandelt Falten, Fett und Runzeln in menschenwürdige Züge während hingegen verwandte Erscheinungen bei uninteressanten Leuten es gewöhnlich nicht zu diesem Reifegrad der Menschwerdung bringen.

Die Geschichte übermittelt Charaktere, wie sie sich rund um die Kultur des Beutemachens entwickeln, wobei das Nachvollziehen einfach ist.

Je mehr Beute, umso interessanter werden die Personen, die sich um diese verdient gemacht haben.

Die nicht geregelten Schürfrechte an solchen Persönlichkeiten habe uns viel von dem näher gebracht und erhalten, was uns als Menschen generell auszeichnet.

 

Das Ich, als Objekt der Rechtsprechung wird es zum Subjekt.

Zu einem, das nur Fehler machen kann, das heißt, nicht richtig auflösen, nicht so, wie das Gesetz es sieht.

Ein Ich löse auf, so sagt diese Rechtsprechung, indem es seine Beute auflöse, oder wenigstens Teile davon.

Diese Rechtsprechung geht nicht vom gefühlten Paragraphen Eins aus: Eine jede habe dafür zu sorgen, sich so reich wie möglich zu machen.

Sorgt aber in den nachschlagbaren für nichts anderes vor.

Das Gesetz ist interessiert an Subjekten, um sie haftbar zu machen dafür, damit es wenigstens einzelnen gelingt, das Ziel aller zu erreichen.

Die vom Gesetzt angestifteten Definitionen und Umständlichkeiten der Haftbarkeit sind jeder Identität in die Wiege gelegt.

Zahlen und Bestimmenkönnen fallen zusammen. Dieses Ich stellt sich vor als Zahlmeister oder es verfällt zum Datenmaterial einer Statistik.

Der gesellschaftsweit getroffene Vereinbarung, sich nur auf das Geld zu achten, kann sich kein Subjekt entziehen, das von dieser Welt sein möchte.

Da könnte ja jeder mit seinem Arsch glänzen.

Identität in einer Rangordnung ist der Rang oder die Menge der Aufmerksamkeit, die man als Vergütung für die seine erhält.

Es wird sich demzufolge die Hanglage ausbilden, wo im höchsten Ansehen, mit der meisten Aufmerksamkeit bedacht, sich diejenigen finden, die mit sogut wie Null Aufmerksamkeit aufzuwenden, die aller andern einstecken.

Wird gespielt um Geld, dann ist dieser Zustand erreicht, wenn eine Position das Geld aller andern in der Hand hält.

Um diesen Prozess zu vollenden, dafür stehen die Gesetze.

  

Fehlende Aufmerksamkeit als Geschäft oder Identität finden auf Rezept.

Auch dieser Zweig des habenden Auflösungsdesign hat dem Ich Reputation verschafft. Als Krankengut.

Die Geschäftsidee der Therapie: ein Ich-Aufschlag, Zufuhr von künstlich erzeugter Aufmerksamkeit, bezahlt aus der eigenen oder von einer Kasse.

Money rules the world, weshalb da nicht. Die Erfolgsaussichten sind überschlagbar.

Ein Manko an Zahlmeistermentalität kann behoben werden, wenn das Manko nicht in der Kasse existiert. Andersrum lassen sich hingegen die Kunden nur wieder in jenes Delirium rückführen, wo ein Subjekt nicht verstehen kann, weshalb man als Mensch ohne zu bezahlen keine Aufmerksamkeit erhält.

Der Therapeut gewinnt in jedem Fall und damit die Krise, die zu beheben er in Aussicht stellt.

Was könnte gut an diesem Ich sein. Dass es Ansprüche formulieren kann, auch wenn kein Geld dafür vorhanden ist.

Ich bin ein Mensch, auch wenn ich kein Geld habe.

Loudly spoken. Breite Zustimmung. Aber ändern würde das nichts.