Kapitalismus

 

Eine Sache erhält ihren Namen durch die Art und Weise, wie sie aufgelöst werden kann.

Aufgelöst als Stimmung.

Exploriert wird ein Witz mit dem ästhetischen Geschmackssinn, der für die Dinge außerhalb der Reichweite der Zähne zuständig ist.

Auf der Zunge der Geschmackssinn.

Vor den Lippen ab aber geht es in derselben Tendenz weiter, nach dorthin, wo die Früchte, bevor sie auf den Fingerspitzen ankommen, zuerst ins Mahlwerk der Aufmerksamkeit gelangen, so dass das Ziehen einer Grenze einlädt: was bereits vor der Zunge sich aufzulösen beliebt, gehört in den Bereich der schöngeistigen Wissenschaften, von ihr ab dann geht es zu den exakten.

Das kann man essen, das kann man nicht essen einteilend.

Während auf dem Magen liegt, dass das, was ohne Hoffnung auf Wiederkehr in den Mund eingeschoben wird, nicht darum herum kommt, auch verdaut werden zu müssen, erscheint die analoge Verarbeitungsweise von Stimmung und Aufmerksamkeit nicht in derselben Klarheit des Begriffs.

Anlass, diesen Text aufzusetzen war vereinfacht die Frage: Wie Kapitalismus verdauen, was mit dem Wort anfangen, wie das damit Gemeinte auflösen.

Wenn nun so viele von diesem lang geschmähten Begriff Kapitalismus Gebrauch machen, muss der guten Meinung nach, die man von den andern pflegt, an der Sache etwas sein, das nährt.

Der Frage nachgehen.

Zuerst einmal: ich sage Kapitalismus und noch kaum ausgesprochen, schüttelt der Nebenmann bereits zustimmenden den Kopf. Voila.

Kapitalismus - ein Passwort für gute Stimmung.

Oder gute Verdauung, denn, einmal über die Lippen gekommen, lösen sich nicht selten gleich darauf a lot von unverdaut angestauten Stimmungen.

Kapitalismus - ein Abführmittel.

Der gute Pott.

Leiden geht einher mit dem Anzeigen einer degenerativen Stimmung.

Dinge, die verdaut werden sollten, sich aber weigern dies zu tun, schaffen Leiden.

Was Leiden schafft, wird selten für gut befunden.

Kapitalismus ist gut, zumindest das Reden davon, weil er auf einfache Weise von Leiden befreit, für die ansonsten Wege gesucht werden müssten.

Zu diesem Beruf muss er notwendig böse sein, denn nur so können sich die Guten gegen ihn behaupten. Alles andere müsste als Selbstkritik enden.

Es muss mit Zauberei zu tun haben, wie allein das Wort Kapitalismus Menschen befähigt, sich gegenseitig nächstenlieblich darin zu werden, sich von ansonst schwer Verdaubarem zu erleichtern.

Vom schwer Verdaubarem im Menschen - Nein, Nein - das Böse in der Struktur außerhalb von uns uns auflauernd ist angesprochen.

Der Kapitalismus ist schuld. Die Menschen, die ihn betreiben nur insofern, als wie sie zu dessen Opfer herab sinken.

Wie angenehm, Kapitalismus hat grundsätzlich nichts mit denjenigen zu tun, die sich über Kapitalismus verständigen.

Kann demnach ohne Schaden gänzlich der Vernichtung preis gegeben werden. So wie es das Böse nicht anders verdient.

Vernichten, abschaffen, nieder reißen, zerstören. Was. Den Kapitalismus.

Soweit lassen sich die Tatsächlichen aber von keiner Philosophie hinters Licht führen, sich Begriffe ohne Subjekte vorzustellen.

Wenn kein Mensch dahinter steckt, was dann.

Die Marxisten hatten immer Mühe in diesem Zusammenhang zu bestehen. Das, was sie als Subjekte zur Bebilderung der Theorie auslieferten, den dicken Kapitalisten mit der dicken Zigarre, übernahm nicht die gewünschte Wirkung, den nach Geld lechzenden Antichristen überzeugend abschreckend darzustellen.

 

Der Direktor in Eisensteins Film "Streik". Ganzer Kapitalist, halber. Aussehen tut er wie ein Nachkriegsproletarier, der sich überlegt, ob er sich einen Zweitwagen leisten kann..

Auf das Herzeigen von Subjekten, die typische Merkmale von Kapitalisten aufweisen, verzichten die modernen Vertreter der Lehre, weil der Vergleich noch mehr in die Hosen ginge.

Zum Vorteil, sofort verstanden zu werden, zum Vorteil, dass es nicht die betrifft, die sich trauen, Kapitalismus anstelle schlechtes Wetter zu sagen, tritt nun noch dieser hinzu, der das Wort zum pikanten Schnellimbiss krönt, die Freiheit, niemanden konkret gemeint zu haben.

Dass Kapitalismus mit Geld zu tun hat, das wir täglich ausgeben. Und dass dieses Geld nach kapitalistischen Erwägungen ausgegeben wird und zwar nicht nur gerne sondern von allen, die an diesem Verkehr der Aufmerksamkeit als Zurechnungsfähige teilnehmen - darüber muss also nicht gesprochen werden.

Hingegen wirkt ein leiser Zwang, dem Nächsten einen Zehner zu pumpen, falls dieser es wagt, das Übereinkommen in der Frage, ob Kapitalismus gut oder böse sei, konkret zu belasten.

Die schönen Erbschaften, die im Kapitalismus gemacht werden können und ihn voraus setzen, Themawechsel. Das hat nichts mehr mit Kapitalismus zu tun.

Die Erben mögen die schlimmste Sorte aller real existierender Geldgieriger stellen, der Kapitalismus, nun in der Rolle des einsamen Ritters von der traurigen Gestalt, stellt sich schützend davor.

Kapitalismus ist eine Struktur, die hat mit uns nur insofern zu tun, als dass manche Dinge, die diesen Kapitalismus betreffen, mit etwas gutem Willen und Vernunft sowie Einsatz und Kontrolle in Zukunft verbessert werden könnten.

Vor allem dann, wenn wir die dazu notwendigen Stellen besetzen.

Der Kapitalismus soll aufhören, nicht wir.

Hilfreich wird sein, wenn das Biest, oder das Wesen, welches hinter dem Ganzen steckt, von der Avantgarde der Intelligenz an den Wickel genommen worden ist, und zwar so an den Wickel, dass ihm keine Möglichkeit mehr bleibt, nicht wieder zu entweichen.

Angelangt beim Schaum auf dem Bier oder beim Portal zur exakten Wissenschaft.

Schaum abwischen.

Wir definieren: Kapitalismus meint die Gemengelage zwischen der Rangordnung, die noch vom Schwert herrührt mit derjenigen, die das Geld bewirkt.

Die letztere ist aus der ersteren hervor gegangen, was man beim Geldausgeben immer noch etwas spürt.

Die beiden Geschichten, die die jeweiligen Rangordnungen schreiben, laufen nicht synonym ab und harren nicht demselben Schicksal.

Während die Rangordnungs-Technik, die vom Faustschlag den Dreh übernimmt, und semantische Grundlage aller patriarchalen Herrlichkeiten darstellt das Ende der Fahnenstange ihres Ansehens erreicht hat, und jede Wiederbelebung notwendigerweise aufgebackt riecht, ist die Rangordnung, die über das Geld hergestellt wird noch immer am Kommen.

Sich die Dinge einfach kaufen zu können, anstelle danach zu betteln, dieser Traum ist noch nicht für allzu viele kein Thema mehr.

Kapitalismus ist demnach, Beute zu machen in treu überlieferter Gesinnung aber mit den Methoden, Einschränkungen und Erweiterungen, die einem die Rangordnungsgebundenheit an das Geld in die Tasche spielt.

Als Kapitalisten treten hier auf, die mit Geld den Nächsten gegenüber ihren Adel montieren.

Viel böser kann er nicht werden, der Kapitalismus, als wie dieser Ausrutscher gelingt, multipliziert mit der Menge von Personen, die sich mehr oder weniger gezwungen sehen, den Gang durch diesen Wendekreis der Hölle mitzumachen.